17. Oktober 2024

Pressemitteilung

Artikel 20, Absatz 2 GG: Alle (Staats)gewalt geht vom Volke aus

Diesen Satz haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes vor 75 Jahren in den Gesetzestext geschrieben. Für viele Kolleginnen und Kollegen in der Polizei bundesweit, aber auch in den anderen Blaulichtorganisationen und im Öffentlichen Dienst generell hat dieser Satz in den letzten Jahren mitunter eine weitere Bedeutung hinzugewonnen, die der nun erschienene BKA-Bericht nachhaltig unterstreicht. Eine massive Zunahme von Angriffen und Straftaten generell gegen Polizeibeamtinnen und -beamte sind besorgniserregende Zeichen. Sie drücken nämlich nicht nur aus, dass hier Menschen aufgrund ihrer Tätigkeit angegriffen, infrage gestellt und diffamiert werden, sondern sie zeigen darüber hinaus eine beängstigende Entwicklung in der Gesellschaft. Die Gewalt richtet sich von Bürgerinnen und Bürgern gegen den Staat und die ihn vertretenden Personen. Diese gesellschaftliche Erosion kann und darf nicht im luftleeren Raum verhallen und dieser muss grundlegend begegnet werden. Eine Steigerung von 8 Prozent (2023) im Vergleich zum Vorjahr bei Gewalttaten gegen PVB, Verlust von Respekt gegenüber staatlichen Autoritäten generell aus verschiedenen Teilen der Gesellschaft. Das sind nicht hinnehmbare Zustände und trotz des sich zugelegten dicken Felles vieler Kolleginnen und Kollegen deutlich über der Schwelle des Ertragbaren.

 

Was muss also passieren? Die BKA-Studie zeigt die Probleme deutlich auf. Ob im Kontext von Demonstrationsgeschehen, im Zusammenhang mit Clans, bei Fußballspielen oder aber beispielsweise bei Anlässen wie Silvester, wo marodierende Gruppe ihren Hass und ihre Gewalt gegenüber dem Staat konfrontativ und kanalisiert entladen – die Kolleginnen und Kollegen stehen allein im Regen oder besser: manchmal auch im Stein- oder Pyro-Hagel. Ein Lösungsansatz muss hierbei polyvalent wirken, da die Ursachen und Ursprünge der Gewalt selten eindeutig sind. Hier sind Politik und Gesellschaft gleichermaßen gefragt, indem klargemacht wird, dass der Staat sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt und sich viele nicht von einigen Wenigen das Leben diktieren lassen dürfen.

Um konkrete Ansätze ausmachen zu können und um tatsächliche und sinnhafte Lösungen aufzutun, fordert die DPolG eine niedersachsenweite Studie, die die Ursachen für Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst tiefergehend beleuchtet. Die bisherigen Ansätze und ein jährlich stattfindendes Plenum nach den Silvesterkrawallen haben bisher insbesondere für die Polizei eben laut Statistik keinerlei Effekt erzielt. Die Kolleginnen und Kollegen sind es leid, Prügelknabe zu sein und brauchen die Unterstützung aus Gesellschaft und Politik. Neben einer wissenschaftlichen Grundlage dazu bedarf es endlich konkreter wirksamer Maßnahmen.

Es braucht nicht zwingend Strafverschärfungen, wie politisch häufig formuliert, sondern eine zügige und konsequente Strafverfolgung, die sich, statt am unteren Ende der Strafskalen zu orientieren, auch nachhaltig wirksame Verurteilungen und Maßnahmen verhängt. Respekt gegenüber dem Staat hängt auch immer mit glaubwürdigem Handeln zusammen, was leider häufig nicht der Fall ist. Wir fordern neben einem personellen Aufwuchs bei der Polizei ebendiesen auch in der Justiz - und das in dem vollen Bewusstsein, dass der Markt für Personal nicht größer wird. Es gilt also attraktiv zu sein und potenzielle Mitarbeitende zu überzeugen - mit warmen Worten allein wird das nicht funktionieren.

Des Weiteren müssen die einzelnen von Gewalt betroffenen Einsatzkräfte deutlich mehr Unterstützung und Hilfe erhalten. Präventive und stetige professionelle Supervision durch externe Träger kann den Umgang mit belastenden Situationen und Gewalterfahrungen vereinfachen und gesundheitliche Schäden ggf. mildern. Investitionen hier rechnen sich unmittelbar, wenn man sie gegen die Kosten für krankheitsbedingt ausfallende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenrechnet, denen Supervision hätte helfen können. Auch das Gewähren von Sonderurlaub für nachhaltig belastete Personen muss denkbar sein. Ein Antrag der DPolG auf Prüfung solcher Möglichkeiten, z.B. zu einem Aufenthalt in der DPolG-Stiftung, hat das Innenministerium formal korrekt abgelehnt, weil dies die Niedersächsische Sonderurlaubsverordnung so nicht hergibt. Ja, das war auch der DPolG bewusst und deshalb wurde um Prüfung der Umsetzbarkeit gebeten. Es bedürfte also einer gesetzgeberischen Änderung, die man angehen könnte, wenn man denn wollte – im Sinne der Gesunderhaltung der Beschäftigten.

Resümierend kann man feststellen, dass der Gefühlswelt der Mitarbeitenden und der gesellschaftlich angespannten Situation mit den angeführten Problemstellungen bislang unter anderem haushalterisch nur unzureichend begegnet wird. Was gab es für einen Aufschrei nach Ratingen, Solingen, Mannheim - aus praktischer Sicht ist er wieder verstummt und wartet auf das nächste tragische Ereignis. Es darf aus der Inneren Sicherheit keine weitere allgemeine Unsicherheit werden. Das schwächt die Wirtschaft und das soziale Miteinander gleichermaßen, was Basis für unser Gemeinwohl ist. Auch ein starker Staat hat Schwächen - aber er muss auch an ihnen arbeiten.

 

Patrick Seegers, Landesvorsitzender der DPolG Niedersachsen

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