21. November 2021

Beschäftigte in der Pandemie

Homeoffice

Homeoffice, vor wenigen Jahren noch eher die Ausnahme, ist inzwischen Normalität geworden. Was ursprünglich das Ziel hatte, die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen, ist heute Teil eines durchdachten Arbeitskonzeptes.

Im Verlauf der Corona-Pandemie erlitten wir Alle massive Einschnitte im Alltagsleben durch erforderliche Schutzmaßnahmen; viele Grundrechte wurden im großen Umfang eingeschränkt. Die Vorbeugung hat zum Ziel, die Ausbreitung des Virus zu stoppen bzw. eine langsamere Ausbreitung zu erreichen.                                                                                             

Die Pandemie hat für ein Umdenken nach flexiblen Arbeitsmodellen gesorgt und die Digitalisierung beschleunigt. Digitalisierung bedeutet mitunter, dass Arbeit heute in vielen Bereichen unabhängig von Ort und Zeit erbracht werden kann.                                                Für den Begriff "Homeoffice" gibt es keine eindeutige und allgemein anerkannte Definition und steht als Oberbegriff für alle Organisationsformen von Büroarbeit außerhalb der Dienststelle. Die Landesregierung favorisiert den Begriff "Mobile Working", dessen Arbeitsform der temporären Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit dient.                       

Seit Corona unseren Alltag auf den Kopf stellt, haben viele von uns das Arbeiten im Homeoffice zwangsläufig einmal ausprobieren müssen. Zu Beginn der Pandemie, den Großteil der Beschäftigten der Polizei verzugsfrei und unbürokratisch in das sogenannte  Homeoffice zu versetzen, war richtig; sie sicherte die Erhaltung der Einsatzfähigkeit.

Ziel der Homeoffice-Verordnung war es, Kontakte am Arbeitsplatz zu reduzieren als auch die Gefahr einer Infektion auf dem Weg zur Dienststelle zu verhindern. Zu Beginn der Pandemie konnte man nur eingeschränkt im Homeoffice arbeiten, da die Dienststellen nur über wenige mobile IT-Endgeräte verfügten. Hinzu kam, dass auch nicht alle mit einer so genannten VPN-Karte (Virtual Private Network) ausgestattet waren, die für eine geschützte Netzwerkverbindung in das Polizeinetz sorgt. Gegen Ende 2020 wurden den Dienststellen weitere Laptops (PolizeiClient) als auch VPNs zur Verfügung gestellt.

Im zweiten Halbjahr 2020 wurden flexible Lösungen im Arbeitsbereich vorgenommen. In den meisten Dienststellen gibt es nur wenige Einzelbüros, sodass Räumlichkeiten, die zuvor anders genutzt wurden, zu einem Arbeitsplatz umfunktioniert wurden. Hierbei ist es auch zu grenzwertigen "Umsetzungen" gekommen. Des Weiteren wurde der Gleitzeitrahmen ausgeweitet, um eine Optimierung der Büroflächennutzung  zu erreichen bzw. eine optimale Auslastung von Arbeitsplätzen durch schichtweises Arbeiten zu ermöglichen. Dabei kommt es auch teilweise zu Einschränkungen in der Arbeitszeitregelung. Darüber hinaus bewirken die Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebote, dass man sich hauptsächlich im Büro bzw. an seinem Arbeitsplatz aufhält. Die sporadisch anfallenden Kaffeerunden sind weggefallen, Besprechungen werden auf das Nötigste reduziert und insbesondere werden zustehende Pausen oft nicht durchgeführt - "wo soll man auch hin!".   

Erst kürzlich haben erneut zahlreiche Mitglieder der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) bei den digitalen Branchentagen von erschwerten Arbeitsbedingungen während der Corona-Pandemie berichtet. Neben den Einschränkungen in den örtlichen Gegebenheiten, wurden eine hohe Arbeitsbelastung und die Arbeit unter erschwerten Bedingungen genannt. Obwohl die notwendige Anerkennung der geleisteten Arbeit bisher fehlt, trotzen weiterhin die Beschäftigten der Polizei den widrigen Umständen nach dem Motto: „Corona - Na und!“

Derzeit ist ein Ende der pandemiebedingten Veränderungen in der polizeilichen  Arbeitswelt nicht absehbar. Und doch ist die Zahl derer, die zurzeit Homeoffice ausführen, im Vergleich zum Beginn der Pandemie, kaum gestiegen. Beschäftigte -vor allem Tarifbeschäftigte-, die nicht an ihrem angestammten Arbeitsplatz arbeiten, sind nach wie vor in der Minderheit…sollten doch für alle Beschäftigten die gleichen Maßstäbe gelten?!

Tarifbeschäftigte der unteren Entgeltgruppen, die häufig sogenannte "Funktionsdienstposten" innehaben, hatten bisher wenige Tage, bis hin zu keinem einzigen Tag, Homeoffice seit Anbeginn der Pandemie erhalten. Hier hätte ich mir eine großzügigere Auslegung der temporären Flexibilisierung gewünscht - sie sind in Ihrer Tätigkeit häufig mehr Kontakten ausgesetzt als andere und sind -wie wir alle- genauso von den Auswirkungen der Pandemie betroffen.

Wer über ein Einzelbüro verfügt, erhält nicht unbedingt ein Homeoffice-Angebot, obwohl die Tätigkeit dies zuließe und auch die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Steht dies nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen der Corona-Verordnung? Ja und Nein!

Es bleibt festzustellen, dass jede Dienststelle nach ihrem eigenen Ermessen, unter Berücksichtigung der vor Ort herrschenden Gegebenheiten und geltenden Verordnungen, ihr Personal entsprechend einsetzt. Dort, wo es die Arbeitsbereiche hergeben, sollte grundsätzlich die Möglichkeit der mobilen Arbeitsform eingeführt werden, unter der Voraussetzung, dass die Funktionsfähigkeit der Dienststelle nicht beeinträchtigt wird. Natürlich bedarf es hierzu einer entsprechenden Arbeitsvereinbarung.

Bei der Anwendung von „Mobile Working“ darf es nicht zu Ungerechtigkeiten kommen. Man ist gut informiert und erfährt wie die Nachbardienststellen mit der Pandemie umgehen bzw. organisiert sind. Oftmals sorgt es für Irritationen, wenn die eigene Dienstelle aus verschiedenen Gründen ein Homeoffice nicht gewährt, und eine andere Dienststelle, vielleicht sogar in unmittelbarer Nachbarschaft, die gleiche Abteilung mit gleichen Aufgaben seit Anbeginn der Pandemie regelmäßig zur Arbeit nach Hause schickt. 

Sicherlich fühlen sich Beschäftigte benachteiligt, die ihre Tätigkeit nicht im Homeoffice ausführen können, wenn ihre Kolleginnen und Kollegen sich aussuchen dürfen, von wo aus sie arbeiten. Hier bedarf es dringendst der sachlichen Aufklärung, damit Verständnis anstatt Frustration bei denjenigen aufkommt, deren Tätigkeit sich nicht für mobiles Arbeiten eignet oder andere Gründe dagegenstehen. Das Gefühl von Benachteiligung könnte eine Zweiklassengesellschaft entstehen lassen, die unbedingt zu vermeiden ist.

Daher ist es umso wichtiger, eindeutige Rahmenbedingungen vorzugeben. Dadurch kann mobiles Arbeiten und Arbeiten im Homeoffice sinnvoll gefördert werden. Die Landesregierung hat zusammen mit den gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen in einer gemeinsamen Vereinbarung die Rahmenbedingungen für mobile Arbeitsformen festgelegt. Sie gilt seit dem 01.07.2021 und regelt einheitlich und verbindlich, was unter Homeoffice zu verstehen ist. Sicherlich wurde hierdurch ein weiterer Meilenstein in der Digitalisierung gesetzt. 

Mobiles Arbeiten schafft ein hohes Maß an Flexibilität für Beschäftigte, hauptsächlich zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Möglichkeit des "Mobile Working" darf in Zukunft nicht an der mangelhaften IT-Struktur sowie fehlender finanzieller Mittel scheitern. Genauso gehören veraltete Verhaltensmuster und eine destruktive Führung „über Bord“ geworfen. Der Vorgesetzte muss lernen, den Mitarbeiter*innen zu vertrauen und fördert so die Kultur des gegenseitigen Respekts und der Toleranz. Dieser Vertrauensvorschuss wird mit Motivation und mehr Leistung durch die höhere Arbeitszufriedenheit zurückgegeben bzw. gewürdigt.

Es müssen zukünftig weitere Investitionen in die IT-Infrastruktur vorgenommen werden, damit wir im Zeitalter von "Big Data" - der Sicherung, Aufbereitung und Auswertung von Massendaten (unter Berücksichtigung des Zeitfaktors) handlungsbereit bleiben. Neben intelligenten IT-Lösungen bedarf es Standards bei generellen Arbeitsprozessen, als auch individuelle bzw. angepasste IT-Strategien in den jeweiligen Arbeitsbereichen. Eine moderne IT-Landschaft unter ständiger Anpassung des IT-Rahmenkonzepts, ist die Basis, um in der fortschreitenden Digitalisierung bestehen zu können. Es gilt mehr denn je, die sich mit dem digitalen Wandel bietenden Chancen nicht zu verschlafen.

Mein Respekt gilt allen Beschäftigten, die in der noch andauernden Corona-Ausnahmesituation weiterhin ihrer Verantwortung gerecht werden. „Corona - Na und!“

 

Frank Hahne, stellvertretender Vorsitzender Landesfachbereich Tarif

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