17. Oktober 2024

„Das bisschen Haushalt ist doch kein Problem“ sagt das Land

(K)eine gute Woche für die Innere Sicherheit?!

In aller Regelmäßigkeit wiederkehrend graust es den Beschäftigten der Polizei vor den Vorstellungen der Haushaltsentwürfe in Land und Bund. Unsere Erwartungshaltung ist deshalb bekanntlich nicht sonderlich hoch, um keine neuerlichen Enttäuschungen erleben zu müssen. Denn bereits im Vorhinein ist eines in Stein gemeißelt: „Das Tischtuch ist immer zu kurz!“ Anders ausgedrückt bedeutet das, dass kein Geld zum Ausgeben da sei, vor allem nicht das, was im Bereich der Inneren Sicherheit bitter nötig wäre. Uns ist sehr wohl bewusst, dass auch in anderen Politikfeldern dringende Investitionen notwendig sind und allesamt ihre Berechtigung haben, doch gerade hier zeigt sich das eigentliche Dilemma: der Staat hat seine Kernaufgaben zu lange vernachlässigt und stellt nun fest, dass er mit den Flickarbeiten nicht hinterherkommt.

Die Ausgangslage ist demnach keine besonders rosige, sodass man realistisch schon keine milliardenschweren Investitionen erwartet, wohl aber ein spürbares Plus zur Stärkung der gefährdeten Inneren Sicherheit. Ein Anwuchs von knapp 5 Prozent, genauer um 88,6 Millionen auf ein Ausgabevolumen für den Bereich Polizei von 1715,4 Millionen bildet das aber leider nicht ab. Die Folge ist eben keine Stärkung der Polizei, sondern der Erhalt des Status quo. Das ist zwar bitter nötig, aber kann keineswegs die Erwartungshaltung schüren, dass nun Lobeshymnen angestimmt werden müssen.

Neue Ausstattung im Bereich der digitalen Infrastruktur und Technik ist bitter nötig und auch wichtig, dass diese nun beschafft wird. Tauscht man sich jedoch länderübergreifend aus, kann man sehr schnell erahnen, dass hier kein Vorgriff auf die Zukunft gemacht wird, sondern verspätet nachgezogen wird, um mit Bundesländern wie Hessen und Bayern zumindest ansatzweise Schritt zu halten. Von einem Quantensprung zu sprechen ist dabei unangebracht und lässt den Blick über die Landesgrenzen vermissen. Insofern ist mehr als ein anerkennendes Nicken nicht drin, für Lob reicht das schlicht nicht aus!

Ähnlich verhält es sich im Bereich der Waffen- und Einsatzmittel. Das Beschaffen von Nachersatz für auslaufendes Material, zeitgemäße Schutzausstattung und Co. bleibt die Pflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Mitarbeitenden. Wenn der Arzt sein OP-Besteck selbst mitbrächte, weil das seines Arbeitgebers bereits rosten würde, spräche man von beängstigenden und nicht hinnehmbaren Zuständen. So darf jede Polizistin und darf jeder Polizist erwarten, dass das für den Dienst notwendige Material intakt und nutzbar ist. In der Konsequenz sind die hier veranschlagten zusätzlichen 30 Millionen Euro für die kommenden vier Jahre die nötige Reinvestition zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit. Auch das erkennen wir ausdrücklich an, ein großer Schritt und zukunftsfähig ist das dennoch ebenfalls nicht. Dieser Konsequenz weiter folgend sieht das Land Niedersachsen nach wie vor keine Notwendigkeit darin, seine Beamtinnen und Beamten mit einem Taser auszustatten. Diese Kernforderung der DPolG, die in vielen Bundesländern bereits erfüllt worden ist, war zuletzt auch durch die Ampel-Koalition für die Bundespolizei positiv bewertet worden. In Niedersachsen scheint man schlauer zu sein und ein solches Mittel, welches die Zwangsmittel unterhalb der Schusswaffe optimal ergänzen würde, nicht zu benötigen oder finanzieren zu können.

Positiv bewerten muss man, dass das Budget für niedrigschwellige Unterhaltungsmaßnahmen erhöht worden ist. Diese Abhilfe ist in vielen, teils maroden Dienststellen dringen geboten, um ein Arbeiten überhaupt noch erträglich zu gestalten. Da, wo es größerer Investitionen bedarf, wie beispielsweise im PK Norden, will man zukünftig das Modell der von Investoren getragenen Neubauten und nachträglicher langfristiger Anmietung durch die Polizei nutzen. Solche Partnerschaften hat die DPolG bereits in der letzten Legislaturperiode als zwingend notwendig erachtet und auch gegenüber den politischen Entscheidungsträgern verbalisiert, dabei aber Modelle nach Kastenbauweise empfohlen, wie es bereits bei Feuerwachen praktiziert wird.

Innenministerin Daniela Behrens argumentiert hierbei, dass dadurch der Sanierungsstau abgebaut würde. Dies ist ein Trugschluss nach dem Prinzip des Habeckschen Insolvenz-Paradoxons! Durch die Anmietung von Liegenschaften sinkt keinerlei Sanierungsstau, es sei denn, ich stoße Liegenschaften ab. Dann verliere ich aber gleichsam Wert und Grundstück, was mein Kapital an dieser Stelle sinken lässt. Vergleichbar wäre, wenn ein Eigenheimbesitzer sein sanierungsbedürftiges Haus dem Verfall preisgibt und sich beim Nachbarn einmietet, wo die Wohnung sauber und ordentlich ist. Das Haus selbst bleibt dadurch sanierungsbedürftig oder man verkauft halt günstiger. Dass man am Ende aber mehr hat als zuvor, bleibt ein Trugschluss. Die Verantwortung des Landes ist es eigentlich, seine Liegenschaften in Schuss zu halten und das ist seit mindestens drei Jahrzehnten versäumt worden - behördenübergreifend.

Die Rede der Innenministerin bezieht sich auf einen Haushaltsentwurf, von dem man nur hoffen kann, dass er zumindest so Bestand hat und nicht noch einmal reduziert wird. Aus dem politischen Raum war vereinzelt zu hören, dass durch diesen Entwurf auch die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Ausdruck gebracht werden soll. Der Ansatz ist nachvollziehbar, verfängt sich allerdings kaum. Wertschätzung drückt sich vor allem dadurch aus, dass Personalprobleme angegangen werden und das Berufsbild weiterhin attraktiv und zukunftsfähig gestaltet wird. Wie dem demografischen Wandel und der Konkurrenz am Arbeitsmarkt sowohl bei Tarifpersonal als auch bei Beamtinnen und Beamten entgegengewirkt werden kann, bleibt offen. Zulagen wie der DuZ oder die Polizeizulage sind nach wie vor zusammen mit der Alimentation betrachtet eben nicht die gewünschte und proklamierte Spitzengruppe, sondern maximal unteres Mittelmaß. Auch die Veränderung von Zulagenmodellen zugunsten aller Beschäftigten, wie das Thüringer Modell, finden keinen Nachhall. Es bleibt zu hoffen und bedauerlicherweise nur abzuwarten, dass die finanzielle Zurückhaltung darauf fußt, dass man sich auf das Ergebnis des BVerfG zur (nicht) amtsangemessenen Alimentation in Niedersachsen vorbereitet, um dann schleunigst und im Interesse seiner Belegschaft zu reagieren und nach fast zwei Dekaden zumindest wieder verfassungsgemäß zu besolden.

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