Mit seinem am 19. Dezember 2023 vorgelegten Referentenentwurf zur Regelung des Einsatzes von Verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern und Vertrauenspersonen (VP) plant Bundesjustizminister Buschmann, deren Einsatz umfassend gesetzlich zu regeln und damit ihre Einsatzmöglichkeiten erheblich zu erschweren. Diesem Vorhaben erteilen die Niedersächsische Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann und die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, im Schulterschluss eine klare Absage.
Nach bisheriger Rechtslage sieht die Strafprozessordnung eine ausdrückliche Regelung nur für den länger anhaltenden Einsatz von Verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern vor. Der Einsatz von VP wird bislang - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundesgerichtshofes - auf die Ermittlungsgeneralklausel des § 163 Abs. 1 Satz 2 StPO gestützt. Das Berliner Vorhaben sieht nun u.a. die spezialgesetzliche Regelung des Einsatzes von VP, die Einführung eines Richtervorbehaltes für den Einsatz von VP, die Erweiterung des Kernbereichschutzes für den Einsatz von Verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern und VP sowie die Einführung von Berichtspflichten vor.
Die Niedersächsische Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann lehnt den Entwurf aus Berlin ab: „Unsere Aufgabe als Justiz ist die konsequente Aufdeckung und Verfolgung von Straftaten. Dabei steht gerade der Kampf gegen jede Form der Organisierten Kriminalität, international agierende Drogenbanden und Extremisten ganz oben auf der Agenda. Wir dulden keine Parallelgesellschaften und subkulturelle Kriminalitätsstrukturen, aus denen eine zutiefst ablehnende Haltung gegen unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie spricht. Sowohl Verdeckte Ermittler als auch V-Personen werden aber primär in kriminellen Strukturen eingesetzt, die sich gezielt abschotten und in die die Strafverfolgungsbehörden mit sonstigen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen kaum eindringen können – also im Bereich der Schwerkriminalität, der Organisierten Kriminalität, der terroristischen Vereinigungen und der politisch motivierten Kriminalität. Wenn das Gesetzesvorhaben aus Berlin verabschiedet wird, würden unsere Instrumentarien, Verbrechen in diesen Gruppierungen aufzuklären, erheblich erschwert bis nahezu unmöglich werden. Das kann die Bundesregierung nicht ernsthaft wollen.“
Auch den mit dem Gesetzentwurf einhergehenden Mehraufwand für Ermittlungsbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte lehnt Dr. Wahlmann ab: „Unsere Staatsanwaltschaften und Gerichte geben jeden Tag alles für das Funktionieren unseres Rechtsstaates. Mit fehlt jedes Verständnis dafür, die ohnehin bereits am Limit arbeitenden Kolleginnen und Kollegen mit neuen Gesetzen und Regelungen weiter zu belasten. Aus dem Entwurf spricht ein durch nichts gerechtfertigtes Misstrauen gegen unsere Ermittlungsbehörden und Staatsanwaltschaften, dem ich mich entschieden entgegenstelle.“
Für die Aufklärung von Straftaten im Bereich der Politisch motivierten und Organisierten Kriminalität sind die Strafverfolgungsbehörden dringend auf Informationen von Verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern sowie VP angewiesen. Niedersachsens Innenministerin, Daniela Behrens, sagt: „Die vorgesehenen Änderungen sind weder erforderlich, noch geboten, noch bringen sie aus meiner Sicht ein Mehr an Rechtsstaatlichkeit. Im Gegenteil: sie erschweren in unterschiedlichen Bereichen vielmehr den Einsatz von Verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern und die Gewinnung von Vertrauenspersonen. Vor allem bei den Vertrauenspersonen besteht die Gefahr, dass diese Menschen aufgrund des Sicherheitsrisikos für die eigene Person künftig nicht mehr zu einer Zusammenarbeit mit der Polizei bereit sind. Dabei ist für deren Gewinnung elementar, dass diese verlässlich davon ausgehen können, dass die Geheimhaltung ihrer Identität zum Schutz ihrer Person und ihrem persönlichen Umfeld zu jeder Zeit gewahrt bleibt. Wesentliche Ermittlungserfolge der Vergangenheit wären mangels fehlender kooperierender Vertrauenspersonen so wohl nicht mehr zu erzielen.“
„Die nun vom Bundesjustizminister vorgesehenen Regelungen könnten genau diesen Abschreckungseffekt haben. Denn insbesondere durch die Einführung eines Richtervorbehalts bzw. der Regelung, dass Richterinnen und Richter künftig weitere Angaben über die Vertrauensperson verlangen können, um diese als Zeugin oder Zeugen zur Hauptverhandlung zu laden, wird sich der Kreis der Kenntnistragenden unnötigerweise erweitern. Nach der aktuellen Rechtslage existiert mit der Staatsanwaltschaft bereits eine unabhängige Entscheidungsebene und das halte ich an dieser Stelle für ausreichend und deutlich zielführender. Insgesamt bedeuten die im Gesetzentwurf vorgesehenen zusätzlichen Genehmigungs-, Begründungs- und Dokumentationserfordernisse für die polizeiliche Praxis einen erheblichen Verwaltungsmehraufwand, der in keinem Verhältnis zu dem angeblichen Mehrwert der neuen Regelungen steht“, so Behrens weiter.
Die DPolG Niedersachsen sagt:
Richtig so, der neue Entwurf würde die Möglichkeiten der Ermittlungsbehörden massiv beschränken. Dies kann nicht im Sinne des Rechtsstaates sein!