16. September 2021

Strafverfahren gegen den Zoll …… Bald auch gegen die Polizei?

Am 09.09.2021 durchsuchte die Staatsanwaltschaft und Polizei die Dienstgebäude der Financial Intelligence Unit des Zolls, kurz FIU. Die FIU soll ihrem Auftrag der Überprüfung auffälliger Geldflüsse nicht nachgekommen sein, wodurch es zu Überweisungen von Millionenbeträgen ins Ausland gekommen sei. Nun befürchte man, dass dieses Geld zur Terrorismusfinanzierung verwendet wird (1). Ist dies nur ein Vorbote kommender Strafverfahren auch bei anderen Vollzugsbehörden?
Laut Medienberichten hatte die FIU für ihre Aufgabe zu wenig qualifizierte Mitarbeiter, sodass die Mitarbeiter*innen gegen die Masse an eingehenden Verdachtsmeldungen nicht angekommen sein sollen.

Gleiches lässt sich in den niedersächsischen Polizeibehörden feststellen.

Auch hier ist der Arbeits- und Ermittlungsaufwand in den vergangenen Jahren exponential gewachsen. Wenn früher noch Telefonzellen und Festnetzanschlüsse durch die Täterschaft genutzt wurden, sind es heute Wegwerfhandys und mit einfachen Mitteln beschaffte Prepaid – Simkarten, die sich nicht ohne weiteres überwachen lassen. Während man früher nach real existenten Schriftdokumenten suchen konnte, muss man sich heute durch Massen an digitalen Datenträgern, Online-Speichern und immer neuen Wegen der Kommunikation wühlen. Auch sind die Anforderungen der Rechtsprechung an die Ermittlungen erheblich gestiegen, was insbesondere bei ausländerrechtlichen Sachverhalten auffällt. Einen Antrag auf Abschiebehaft kann die Polizei aufgrund der hohen Anforderungen der Gerichte gar nicht mehr stellen, auch wenn sie dazu rechtlich befugt wäre.

Die Politik argumentiert sehr gerne mit den Worten „Wir haben noch nie so viele Polizeibeamte gehabt wie heute“. Das mag als Fakt stimmen.

Auf der anderen Seite hat die Polizei auch noch nie so viele und personal- bzw. zeitintensive Aufgaben gehabt. Durch die strukturellen Änderungen und Neueinstellungen wurden bislang nur Lücken geschlossen, die sich durch die Pensionierungen und neuen Aufgabenbereiche ergeben haben. Die Arbeitsbelastung - insbesondere im ermittelnden Bereich - ist jedoch stetig gewachsen.
Ist es also nur eine Frage der Zeit, bis auch gegen die ersten Polizeibeamt*innen wegen Strafvereitelung ein Verfahren eröffnet wird?
Wenn die Anzahl der Polizeibeamten in den kommenden Jahren nicht signifikant erhöht und die Entwicklung moderner Auswertesysteme nicht konsequent vorangetrieben werden, ist es zu erwarten.

"Im Gegensatz zur Personalberechnung bei der niedersächsischen Polizei hat man bei der FIU schon längst erkannt, dass zu wenig Personal vorhanden ist, um die Aufgaben wahrnehmen zu können. Aus zuverlässiger Quelle haben wir erfahren, dass bis 2024 eine Verdoppelung von 400 auf 800 Beschäftigte erfolgen wird".

 

(1) Spiegel Online - Razzia im Finanzministerium v. 09.09.2021 (https://www.spiegel.de/panorama/justiz/1
bundesfinanzministerium-razzia-wegen-mutmasslicher-strafvereitelung-von-zoll-spezialeinheit-
a-25c8ba14-0219-4926-b4ea-f442dc3d274c)

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