01. August 2024

Warum Begrifflichkeiten ihre Bedeutung verlieren

Streiche „Einsatz- UND Streifendienst“, setze „Einsatzdienst“!

Die Kolleginnen und Kollegen, die tagtäglich auf der Straße tätig sind, haben in unterschiedlichen Bundesländern - frei nach dem föderalen Prinzip - häufig unterschiedliche Namen. Während man in Nordrhein-Westfalen vom Wach- und Wechseldienst spricht, heißt es bei uns Einsatz- und Streifendienst. Doch passt der Name noch zum Auftrag?

Die Sichtbarkeit von Polizei ist eine wichtige Säule für das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen in unserem Land und ist ein ebenso wichtiger Faktor für die lokale Präventionsarbeit. Bei Fahrten von und zu den Einsatzorten handelt es sich allerdings eben nicht um präventive Tätigkeit, ebenso wenig die Einsatzdokumentation und die nötige Berichtspflicht im Nachgang zu den abgearbeiteten Einsätzen. Der Zeitaufwand hierfür wird zunehmend größer, die Formalien ausufernd. Das Bürokratiemonster im Zaum zu halten gehört zur lästigen Beamtenpflicht. Auch die Dringlichkeit von sogenannten Sofortvorgängen sorgt dafür, dass nach komplexer gelagerten Sachverhalten, der Dienst bereits frühzeitig an den Schreibtisch verlagert wird. Die einzige Präsenz abseits des Schreibraumes ist dann maximal der Kurzaufenthalt in der Kaffeeküche, um lebensverlängernde Koffein-Getränke zu sich zu nehmen auf dem Weg das ersehnte Dienstende zu erreichen. Der Ertrag der hoheitlichen Tätigkeit kann dann durchaus nur ein Vorgang pro Dienst sein, wenn keine weiteren Einsätze aus der Dokumentationspflicht reißen und erledigt werden wollen. Im Nachgang beginnt das Spiel aufs Neue. Besonders am Tag, wo viele Menschen auf den Straßen unterwegs sind, kann es dann sein, dass die Streifenwagen entweder vor den Wachen parken oder aber in höchstem Tempo den nächsten Einsatz anfahren.

Für eines jedoch bleit allzu oft keine ausreichende Zeit: Streife fahren oder sogar gehen. Natürlich gibt es einsatzschwache Phasen, keine Frage, nur sind diese eben dann, wenn auch wenig Menschen unterwegs sind. Die präventive Wirkung, die dringend gebotene Ansprechbarkeit der Polizei, die Sichtbarkeit (ohne mit Sonder- und Wegerechten vorbeizufliegen) von Polizei in den Innenstädten und den ländlichen Regionen bleibt dabei auf der Strecke. Es bleiben dann natürlich noch die Kontaktbeamtinnen und –beamten, die dann in persona all den Bürgerinnen und Bürgern in den Gebieten ihrer Kommissariate vollumfänglich zur Verfügung stehen und selbstredend täglich Präsenz zeigen. Leider gehen hier Erwartung und Leistbares ebenfalls auseinander, da die Arbeitsbereiche der sogenannten KOBs mit weitaus mehr Aufgaben ausgestattet sind als der reinen Präsenz.

Was bleibt, ist die tragische Erkenntnis, dass wir uns mehr und mehr vom Begriff des „Streifendienstes“ verabschieden müssen. Nur noch selten ist er so möglich, wie es der Anspruch der Kolleginnen und Kollegen wäre. Nur allzu selten haben Bürgerinnen und Bürger noch das Gefühl, dass der „Freund und Helfer“ für sie tatsächlich ansprechbar und verfügbar ist, wenn sie einfach mal ein Anliegen haben. An den Menschen bei der Polizei liegt es nicht, sondern einzig an unzureichenden Rahmenbedingungen.

Es wäre mehr als wünschenswert, dass Streife wieder Streife sein kann – für Bürgerinnen und Bürger wie für Kolleginnen und Kollegen gleichermaßen. Fazit ist also, dass wir uns dann ehrlicherweise auch begrifflich trennen sollten. Aus Einsatz- und Streifendienst wird nun also der Einsatzdienst, der vermutlich Streit um seinen Namen mit der erkennungsdienstlichen Behandlung (ED) bekommen wird. Eine nie gewollte und doch sehr schmerzhafte Trennung. Wir hoffen, dass wir wieder zueinander finden…

zurück