05. August 2021

Zu kurz gedacht! Mehr Fälle, mehr Verfahren - kaum Personal?

Der stellvertretende Landesvorsitzende der DPolG Niedersachsen, Lars Hitzemann, hat bereits in der Juli-Ausgabe des Polizeispiegel in einem Artikel deutlich herausgearbeitet, dass das gerade verabschiedete "Gesetzespaket zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder" zwar ein Schritt in die richtige Richtung darstellt, dieser jedoch keineswegs ausreichend sei.

Er skizziert dabei klar die Grenzen des Maßnahmen-Paketes, die weniger inhaltlicher Natur denn schlich struktureller Art sind. Die reine Strafrechtsverschärfung und Kategorisierung des Besitzes von Kinderpornografie als Verbrechenstatbestand sei unzureichend. Parallel dazu müssten die Ermittlungskompetenzen und die personelle Ausstattung ausgebaut werden.

Insofern ist es ein erster kleiner Schritt, wenn die niedersächsische Justiz hier nun reagiert. Justizministerin Barbara Havliza gab hierzu (gegenüber Bild Hannover; 02.08.2021) bekannt, dass die Anzahl der in diesem Kontext tätigen Staatsanwälte erhöht worden ist. Gleichsam wird jedoch auch festgestellt, dass die reine Strafverschärfung eben nicht die Taten verhindere, sondern vielmehr die Erhöhung des Entdeckungsrisikos entscheidend sei.

Daraus folgt ganz klar, dass zwar richtige Schritte unternommen werden, sie aber bei weitem nicht ausreichend sind. Gerade in Niedersachsen sollte man im politischen Umgang mit diesem Deliktsbereich sensibilisiert sein und vor allem seine Lehren aus der unwürdigen Diskussion um den Ermittlungskomplex aus Northeim/Lügde gezogen haben.

Kurzum bedeutet das, dass noch deutlich mehr passieren muss! Unser aller Ziel muss sein, dieses immense Dunkelfeld so weit wie möglich aufzuhellen. Wie kann es also sein, dass die personelle Ausstattung bei der Polizei hierbei nicht signifikant verbessert wird? Wie kann es sein, dass man sich hier nicht auch fachlich mit den richtigen IT-Experten verstärkt, um im Dickicht des Darknets Täter ausfindig zu machen?

Seit 2016 ist die Zahl der Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern in Niedersachsen von 1630 auf 4532 Fälle in 2020 angestiegen. Bis Jahresende droht uns prognostisch sogar eine weitere Verdopplung. Ein Anstieg der nicht nur durch Fälle im Internet gekennzeichnet ist, sondern auch durch sich erhöhende Fälle im familiären Kontext - sicherlich auch katalysiert durch die häusliche Enge auf Grund der Pandemie. Auch hier bedarf es speziell geschulter Ermittler und zeitintensiver Befassungen mit so gelagerten Sachverhalten. Wo aber sollen die Ermittler die Zeit hernehmen, wenn Personal in den Ermittlungsdiensten schwindet oder verlagert wird?


Justizministerin Havliza sagt zurecht: "Das Entdeckungsrisiko muss steigen!" Das gilt für alle Straftaten, hier jedoch besonders. Dafür benötigt die Polizei technisch wie personell eine bessere Aufstellung. Mehr Fälle bedeuten mehr Verfahren, mehr Verfahren mehr Verurteilungen, mehr Verurteilungen mehr benötigte Haftplätze!

Die DPolG hat deshalb bereits vor einem Monat klar eingefordert: "Wir brauchen mehr Richter, mehr Staatsanwälte, mehr Haftplätze aber vor allem mehr Ermittler!" Dem ersten richtigen Schritt müssen weitere folgen!

 

Der Geschäftsführende Landesvorstand
 

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