Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) Niedersachsen nimmt die gestern veröffentlichte Studie der Polizeiakademie Niedersachsen zum Thema Rassismus in der polizeilichen Arbeit zur Kenntnis, zeigt sich aber über die Art und Weise der öffentlichen Kommentierung und politischen Kommunikation betroffen.
Bereits 2021 zum Start der Studie hatte die DPolG eine deutliche Position!
„Klar ist, dass wir unsere Kolleginnen und Kollegen, die in ihrer täglichen Arbeit in unzähligen Einsätzen zeigen, dass sie mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, auch moralisch unterstützen, gerade wenn sie immer mit Rassismus- und Diskriminierungsvorwürfen konfrontiert werden.
Die DPolG fordert Klarheit von der Ministerin über die Bedeutung und die Einordnung der Studie und hat das Thema bereits als Tagesordnungspunkt für das anstehende Jour Fixe in vier Wochen benannt. Zusätzlich wird die Gewerkschaft das Innenministerium (MI) vorab anschreiben, um ein klares Signal zu senden.
Wissenschaftlichkeit der Studie und Kritik am System
„Die Wissenschaftlichkeit der Studie wird von uns nicht in Zweifel gezogen“, machte Seegers deutlich. „Wenn Menschen Diskriminierungserfahrungen machen, ist dies eine ernstzunehmende Kritik, die allerdings in erster Linie das System betrifft – nicht in erster Linie die überwiegende Mitarbeiterschaft der Polizei.“
Es ist entscheidend, dass Missstände offengelegt werden, um die Polizeiarbeit zu verbessern. Doch es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Kolleginnen und Kollegen draußen vor Ort tagtäglich ein Vergnügen daran hätten, diskriminierend zu handeln. Solche pauschalen Vorwürfe führen zu Frust und Unruhe und bringen keinerlei Nutzen.
Anerkennung der Diskriminierungserfahrungen
Gleichzeitig sollten wir als Polizei anerkennen, dass viele Menschen mit dunklerer Hautfarbe oder Migrationshintergrund im alltäglichen Leben regelmäßig Diskriminierungserfahrungen machen. Diese Erlebnisse sind real und tiefgehend, und sie betreffen nicht nur die normale Bevölkerung, sondern auch hochrangige Persönlichkeiten, wie etwa Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundestag oder Abgeordnete, die persönlich von solchen Vorfällen berichtet haben.
Es ist wichtig, dass wir diese Berichte ernst nehmen und verstehen, dass es trotz rechtmäßigen polizeilichen Handelns Fälle gibt, in denen Kolleginnen und Kollegen überdenken sollten, ob ihr Verhalten angemessen war – selbst wenn dieses Verhalten nicht aus einer rassistischen Grundeinstellung resultiert. Hier ist Selbstreflexion gefragt, um das Vertrauen der Bevölkerung weiter zu stärken.
Umgang mit der Studie lässt Bedenken aufkommen
Was uns besonders stört, ist der Umgang mit dieser Studie. Die Polizei wird immer wieder mit derartigen Ergebnissen konfrontiert, die wenig Rücksicht auf die tägliche Lebensrealität der Beamtinnen und Beamten nehmen. Niedersachsen meint hier erneut, den Vorreiter geben zu müssen, ohne zu berücksichtigen, dass die Praxis eine andere ist.
Die Veröffentlichung der Studie sowie die begleitende Kommunikation wirken für uns wie ein politisches Manöver. Wir werden dies auch so äußern, da es die Herausforderungen, die wir tagtäglich erleben, in den Hintergrund rückt.
Forderungen an den Dienstherrn und Unterstützung für die KollegInnen
Es ist auch die Dienstherrin, die eine Fürsorge für ihre Mitarbeitenden durch eine klare Rechtssicherheit gewährleisten muss.
Die Polizei kann nicht die hundertprozentige Sicherheit gewährleisten, wenn gleichzeitig unklare Vorgaben gemacht und Polizistinnen und Polizisten durch übermäßige Einschränkungen in ihrer Arbeit behindert werden. Es darf nicht sein, dass Polizisten im Einsatz bei jeder Maßnahme befürchten muss, mit Rassismus-Vorwürfen konfrontiert zu werden, während von ihnen gleichzeitig erwartet wird, komplexe Aufgaben in der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung zu meistern.
Rechtssicherheit und ein starker Staat
„Wir benötigen einen starken, rechtlich sauberen Staat, der klar und deutlich agiert und diejenigen, die Gesetze und Regeln umsetzen sollen, nicht im Regen stehen lässt. Es kann nicht erwartet werden, dass wir unsere Aufgaben ordnungsgemäß ausführen, während wir gleichzeitig ständig hinterfragt und in unserer Handlungsfreiheit eingeschränkt werden“, betont Patrick Seegers, Landesvorsitzender in Niedersachsen.
Am Ende bleibt es dabei: Wir als Polizei können unsere Arbeit nur dann effektiv machen, wenn wir nicht durch politische Manöver oder pauschale Vorwürfe ausgebremst werden. Wenn beispielsweise der Verdacht besteht, dass jemand ein Messer mit sich führt, ist es unsere Pflicht, eine Kontrolle durchzuführen – auch wenn sich Einzelne möglicherweise aufgrund der Rahmenbedingungen diskriminiert fühlen könnten.
Diese Studie mag wissenschaftlich wertvoll sein, doch aktuell führt sie vor allem zu Frust und Unruhe, ohne dass ein praktischer Nutzen für die Kolleginnen und Kollegen im Polizeialltag erkennbar wird. Es ist an der Zeit, dass die Politik versteht, dass Theorie und Praxis in der Polizeiarbeit Hand in Hand gehen müssen, wenn echte Verbesserungen erreicht werden sollen.