Beamte leben länger als Arbeiter und Angestellte – Auch Polizeibeamte?
Man könnte behaupten, dass eine Gaußsche Normalverteilung innerhalb der Beamtenschaft nötig sei, damit die Pensionskassen nicht trocken laufen. Dass dies zu Lasten der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten gehen könnte, ist allerdings mehr als bedenklich.
In einem Artikel der BILD vom 14.08.2021 heißt es in der Überschrift: „Beamte leben länger als Arbeiter und Angestellte“ sowie im Untertitel: „Harte Arbeit, früher Tod?“. Dabei wird suggeriert, dass der Beamte gut bezahlt, die Arbeit nicht sonderlich belastend und der Arbeitsplatz krisensicher sei. Eine sehr pauschale und zugleich wenig binnendifferenzierte Bewertung, die den tatsächlichen Belastungen keineswegs gerecht wird.
Gemäß einer Studie des Deutschen Institutes für Wirtschaftsförderung (DIW) werden männliche Beamte im Schnitt 86 Jahre alt und haben so im Vergleich zu Arbeitern eine etwa fünf Jahre längere Bezugsdauer ihrer Pension, da die Arbeiterschaft statistisch nur circa 81 Jahre alt wird. Auch Angestellte und Selbstständige werden im Vergleich zu den Beamten mit etwa 83,5 Jahren weniger alt. Für die weiblichen Vergleichsgruppen hat man ähnliche Werte und Unterschiede ermitteln können. Die Studie schließt also im Fazit: Beamte leben lang und gut versorgt – was jedoch nicht zwangsläufig deckungsgleich für alle Gruppen innerhalb der Beamtenschaft so gelten darf.
Als Anhalt dafür, dass ehemalige Polizeibeamtinnen und -beamte nicht von dieser Entwicklung profitieren, lässt sich einer Unterrichtung der rheinland-pfälzischen Landesregierung im dortigen Landtag vom 26.11.2019 entnehmen. In dem Bericht über die Beamtenversorgung aus 2018 wird unter den verschiedenen Beamtengruppen differenziert. So wird anhand der bestehenden Datenbasis festgestellt, dass das Durchschnittsalter bei Einstellung der Ruhegehaltszahlung bei Polizei und Justiz bei 77 Lebensjahren liegt, obwohl gerade diese Gruppe auf Grund der physischen und psychischen Anforderungen im Auswahltest bei der Einstellung eine höhere Gesundheit und Fitness nachweislich mitbringen muss als der Durchschnitt der restlichen Beamtenschaft.
Umso erschreckender ist es dann, dass diese kerngesunden Kolleginnen und Kollegen dann während des Berufslebens gesundheitlich so stark abbauen, dass sie eher als der Durchschnittsbeamte versterben, wohingegen Lehrer und Hochschullehrer bei 83 Jahren und die Verwaltung im Durchschnitt bei 82 Jahren liegen.
Ohne, dass es hierbei tiefgründiger Interpretation bedarf, zeigt sich sehr deutlich, dass der Wert des DIW für alle Beamten (86 Jahre) mit dem rheinland-pfälzischen Wert für Versorgungsempfänger (77 Jahre) deutlich im Widerspruch steht.
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Werte für Niedersachsen diametral gegenläufig sind. Eine diesbezügliche Anfrage im niedersächsischen Landtag, welche die FDP-Fraktion bereits eingebracht hatte, wurde dahingehend nur unzureichend beantwortet. Sollten sich die Werte erwartungsgemäß auch in Niedersachsen bestätigen, gilt es deutlich stärker die Belastungen und die hierdurch notwendigen Verbesserungen im Bereich des Gesundheitsschutzes in den Fokus zu rücken.
An Beispielen, die aufzeigen, dass zunehmenden physischen wie psychischen Belastungen nur unzureichend Abhilfe verschafft wird, mangelt es nicht. Exemplarisch sind dabei das hohe Stressniveau ohne Ruhephasen durch fehlendes Personal und der gesellschaftspolitische Druck zu nennen. Es sind jedoch nicht immer die großen Baustellen, die Raubbau an der Gesundheit betreiben, sondern vielmehr die kleinen Aspekte. Mangelhafte Arbeitsplatzergonomie, gesundheitsschädigende Waffentrageweisen und falsche Sitze, unzureichende Angebote zur Gesundheitsprävention, sowie jahrzehntelanger inkonstanter Schichtdienst sind dabei nur einige Bausteine.
Die DPolG Niedersachsen fordert daher, dass auf Basis gleichgelagerter Daten, eine Analyse zu den Ursachen einer früheren Einstellung der Ruhegehaltszahlung durchgeführt wird, um darauf aufbauend geeignete und zielführende Maßnahmen zur Abhilfe der Situation zu schaffen. Ziel muss sein, diese Differenz abzubauen oder adäquat zu entschädigen!
Der Geschäftsführende Landesvorstand