01. Juli 2022

DPolG Niedersachsen wählt neues Tarifteam

Mehr Transparenz bei den Tarifthemen ist das angestrebte Ziel

  • Verabschiedet: Frank Hahne und Andrea Pagel
  • (v.l.n.r. Steffen Grusat, Robert Nülle, Martina Hinerasky, Monika Adam, Andreas Alischer)

(LFB-Tarif) Am 22. Juni 2022 wählten die Tarifbeschäftigten der niedersächsischen DPolG ein neues Team für ihren Landesfachbereich Tarif. Nach fünf Dekaden wurden im Rahmen einer erweiterten Tarifsitzung die bisherige Landestarifbeauftragte Andrea Pagel und ihr Stellvertreter Frank Hahne aus dem Gremium verabschiedet. Das neue Team um Pagels Nachfolger Andreas Alischer aus Königslutter konstituierte sich gleich im Anschluss. Nebst Robert Nülle, der bereits seit 2011 in dem Arbeitskreis mitarbeitet, dürfen sich beide zusammen mit Martina Hinerasky, Monika Adam und Steffen Grusat in den kommenden vier Jahren für die Belange der Tarifbeschäftigten einsetzen.

Bereits während der erweiterten Sitzung, der auch Dirk Hallmann als neuer Landesgeschäftsführer sowie Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstandes beiwohnte, wurde deutlich, in welchem Dilemma sich die Polizei Niedersachsen befindet. Der Abbau von Tarifstellen bzw. die reduzierte Einstellung neuer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, welches von den tariforientierten Gewerkschaften seit Jahren bemängelt wird, ist mit Hinblick auf den 2025 zu erwartenden Personaleinbruch nicht auf einen Schlag zu ändern. Doch gerade hier möchte das neue Team angreifen.

Alischer betont: „Wir müssen den Arbeitgeberseiten weiterhin vor Augen führen, wohin uns Sparmaßnahmen – auch in und gerade bei der niedersächsischen Polizei – geführt haben.“ Während die Aufgaben für den Vollzugsbereich komplexer und aufwändiger werden (Stichworte wie Cybercrime und Missbrauch klingen aktuell schon eher wie eine Wiederholung im Fernsehen), bedeutet dies auch einen vermehrten Verwaltungsaufwand. „Hier benötigen wir wieder mehr qualifiziertes Verwaltungspersonal. Und das nicht nur im Bereich der Verwaltungsbeamt*innen“ führt Alischer weiter aus.

Laut ihm ist die niedersächsische Polizei gut beraten, wenn sie das Tarifpersonal aufstockt. Dies sei nach Meinung des Angestellten auch nicht nur damit getan, Stellen mit Wertigkeiten der Entgeltgruppen E6 und schlechter oder mal einiger E9er-Stellen wiederzubesetzen. Nebst der Schaffung neuer Stellen ab E6 aufwärts muss die Landespolizei dafür Sorge tragen, vorhandenem Personal Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten, um dadurch auch im Verwaltungsbereich wieder leistungsfähiger zu werden.

„Konkret fordern wir als Arbeitskreis, dass mehr Plätze bei den Verwaltungslehrgängen I und II geschaffen werden. Denn auch für die nach Beamtenrecht festgelegte Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt bedarf es nicht nur der Teilnahme am IIer-Lehrgang – hier fehlen im Land vor allem die Entwicklungsmöglichkeiten. Alischer: „Wenn wir in der Fläche keine ausreichenden E9b- bis E12-Stellen schaffen, werben uns der Bund und die Kommunen unsere ausgebildeten Leute wieder ab!“ Denn auch bei anderen Arbeitgebern des öffentlichen Sektors fehlen die Fachkräfte en masse.

Aber die Auslegung von Tarifverträgen benötigt aus seiner Sicht eine neue Transparenz. Alischer ist gefrustet, wenn er hört, dass Tarifbeschäftigte höher bewertete Kolleg*innen mindestens einen Monat vertreten und dann nicht einmal die tariflich festgelegte Zulage gezahlt wird. Genauso sehen er und seine Teammitglieder ein Defizit bei Personalentwicklungsmaßnahmen. „Diese wurden von einem Moment zum anderen einfach gestrichen!“ Und das 2017 so hoch gelobte Freisetzungsprogramm wird maximal eingesetzt, um bereits verbeamtete Beschäftigte auf Vollzugsstellen zu setzen, auf denen vorher sowieso schon jemand aus dem Vollzug saß.

Eine weitere Ungerechtigkeit stellt das Team von vornherein klar: Während Beamt*innen bei einer bestimmten Tätigkeit eine bestimmte Besoldungsstufe zugesprochen wird, erhält eine Tarifbeschäftigte oder ein Tarifbeschäftigter mindestens eine mit der Besoldung vergleichbare Entgeltgruppe weniger. Alischer meint: „Zwei oder drei Gruppen tiefer sind sogar eher die Regel.“ Wenn er an die Entlohnung von Technikern und Kraftfahrern denkt, stößt er gleich in die nächste Kerbe: „Kraftfahrer kratzen am Mindestlohn – für das Risiko, welches sie täglich für die Polizei im Straßenverkehr tragen.“

Alischer ist überzeugt davon, dass „Wir alle (…) eine Polizei (sind)“. Dazu steht er. Nach seiner Meinung bedarf es der Vollzugsbeamt*innen, der Verwaltungsbeamt*innen und der Tarifbeschäftigten. „Doch eins sollte man dabei nicht vergessen: Den Arbeitskampf führen wir Tarifbeschäftigten und schaffen damit auch das Fundament für die Beamt*innen. Das darf niemand vergessen!“

Das neue Tarifteam hat somit bereits bei Aufnahme ihrer neuen Tätigkeit festgestellt, welche Defizite weiterhin zu verfolgen und aufzuarbeiten sind. Demnach stiegen alle Teammitglieder auch sehr motiviert ein. Um zum Ziel zu gelangen, soll in den kommenden Jahren eine breitere Medienaufmerksamkeit sowie ein breiter Kontakt zu den Tarifbeschäftigten in der niedersächsischen Polizei aufgebaut werden.

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